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letzter Beitrag von Annam ()

Peniophora incarnata

  • Hallo zusammen!


    Hab hier noch einen unbestimmten Pilzfund. Die Bilder sind von Ende März da war er frisch


    Farbe satt fleischrosa, Oberfläche warzig etwas erhaben, doch glatt, fühlte sich irgendwie wachsig an, vorkommend unterseits an zurückgestutztem Hartriegelstrauch - Astdurchmesser ca. 6cm.


    Der Pilz ist zur Zeit trocken mit etwas hellerer Farbe, fühlt sich glatt an, läßt sich nur zusammen mit Rinde ablösen, bei Befeuchten und Reibung verfärbt er sich etwas dunkler mit leichtem Orangeton.


    Meine Vermutung ist Fleischroter Zystidenrindenpilz (Peniophora incarnata):dodgy:




    Es gibt da ja noch ein paar ähnliche Arten. (die teils an anderem Holz vorkommen bzw. in höheren Lagen, oder die Farbe selbst orange ist)



    Nachtrag: hier noch paar Bilder vom Pilz heute


    Was ist eure Meinung dazu?


    Liebe Grüsse
    Annamaria

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Annamaria,


    aufgrund der Farbe komme ich zum gleichen Ergebnis wie du und sage auch Fleischroter Zystidenrindenpilz (Peniophora incarnata).


    Interessant ist für mich auch der Bezug "incarnata - fleischrot - incarno - zu Fleisch machen; im Passiv zu Fleisch werden = Mensch werden (v. Christus) - Passiflora incarnata = Fleischrote Passionsblume". So schließt sich der Kreis.


    Danke fürs Zeigen,


    liebe Grüße, Jürgen

    "Sorgfältig muß man wahrnehmen, daß nicht giftige P. unter die zu genießenden kommen, indem sonst der Genuß für die Gesundheit höchst nachtheilige Folgen haben, ja selbst den Tod bringen kann.", Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 137-138

  • Hallo Annamaria




    - Wenn ich einen wie von dir gezeigten Fund in meinem Sammelgebiet (Ulmer Raum) an "Hartriegel" finde, dann würde ich den unbedenklich als "Peniophora incarnata" (Fleischroter Zystidenrindenpilz) abhaken.


    ---> Aber, wie du feststellst, gibt es mehrere ähnlich gefärbte Arten (vergleiche [1]) :



    P. aurantiaca (Grünerlen-Zystidenrindenpilz):
    - In Europa nur an Grünerle (Alnus viridis) und fast ausschließlich nur in höheren Lagen (natürlichen Grünerlen-Gebieten) nachgewiesen

    - fehlt im Ulmer Raum [2], in BW [3] nur 3 Funde im Schwarzwald, in Austria [4] immerhin 171 Funde


    Peniophora erikssonii (Grau- oder Schwarzerlen Z.)
    - in BW planar bis eumontan (<800m)
    - Fehlanzeige im Ulmer Raum [2], in BW [3] wenige Funde, in Austria[4] auch nur 12 Funde.


    Peniophora incarnata (Fleischroter Z.):
    - Ein in der BRD weitverbreiteter Cosmopolit, der in planaren bis hochmontanen Höhenstufen fast alle Laubhölzer (Bäume, Sträucher) befällt.
    - [3] weist auf auf Folgendes hin: Wächst auf der Rinde oder direkt auf unberindetem Holz (nie unter der Rinde), Oberfläche glatt oder nur schwach warzig, und hat frisch eine hellere Zuwachskante, die nach meiner Beurteilung nicht immer sehr ausgeprägt ist.


    - Nach [4] ---> 408 Funde in Austria


    Peniophora laeta (Hainbuchen-Z.):
    - Eine stark warzige Art an, die bei vielen BW-Kartierern [3] in der Vergangenheit oft mit P. incarnata vermischt oder verwechselt wurde.


    - Man sollte bei dieser Art auf Folgendes achten: Wächst anfangs unter der später aufreißenden Rinde, die später durch zapfenartige "Stemmleisten" aufgerissen wird, Substrat "Hainbuche", Oberfläche kaum höckrig


    - 1 Fund im Ulmer Raum [2], mäßig verbreitet in BW[3] und 134 Funde in Austria [4]


    [u]Mein Fazit:


    - Bei dem von dir angegebenen Substrat, hast du m.E. auch diesen Fund korrekt bestimmt, obwohlich ich aus meinem Sammelgebiet nur "P. incarnata" und "P. laeta" kenne. :top:


    Nachtrag in blauer Schrift (24.04.2012):


    - Grobe Fehler in der Beschreibung (vergleiche Kommentar von Ingo ) korrigiert.


    Grüße
    Gerd


    Literatur:


    [1] Breitenbach -Kränzlin (1986): Pilze der Schweiz Band 2


    [2] Enderle (2004): Die Pilzflora des Ulmer Raumes


    [3] Krieglsteiner (2000): Die Großpilze Baden-Württembergs


    [4] url=http://austria.mykodata.net/]DATENBANK DER PILZE ÖSTERREICHS[/url]

    Ich mache nur Bestimmungsvorschläge ohne Freigabe für Speisezwecke!!!

    Einmal editiert, zuletzt von Gerd (†) ()

  • Hallo!


    Alles gesagt, aber zwei Dinge sind mir bei Gerds Ausführung aufgefallen, die mir nicht recht gefallen:


    1.

    Zitat


    Peniophora incarnata (Fleischroter Z.):
    - [3] weist auf auf Folgendes hin: Wächst auf der Rinde und hat frisch eine hellere Zuwachskante, die nach meiner Beurteilung nicht immer sehr ausgeprägt ist.


    Kann man so nicht stehen lassen, denn der wächst nicht nur auf der Rinde, sondern genauso auf unberindetem Holz.


    2.

    Zitat


    Peniophora laeta (Hainbuchen-Z.):
    - Eine stark warzige Art an, die bei vielen BW-Kartierern [3] in der Vergangenheit oft mit P. incarnata vermischt oder verwechselt wurde.
    - Man sollte bei dieser Art auf Folgendes achten: Wächst unter der später aufreißenden Rinde, Substrat "Hainbuche", Oberfläche kaum höckrig


    Zusammenfassend wäre das "stark warzige Art, kaum höckerig".
    Irritiert irgendwie!
    Man sollte hier, denke ich, neben der Fruchtkörper-Entwicklung unter der Rinde, auch auf das gute makroskopische Merkmal der "Stemmleisten" (vorstellen wie Zapfen, Stalagmiten) hinweisen. Die sind zwar an manchen Fruchtkörper nur zu wenigen vorhanden, aber ein guter Hinweis.


    VG Ingo W

  • Hallo Ingo,



    - Danke für diese "Klarstellung", der ich nicht widersprechen kann:


    ---> Denn, ich habe den [BW-Atlas] recht "schlampig" (fehlerhaft) zitiert :@


    - Ich zitiere nochmals und jetzt korrekt:


    [i]- "Die µ-Merkmale der beiden nahe verwandten Arten (P. incarnata und P.laeta) sind sehr ähnlich, jedoch entwickelt sich P. incarnata immer nur auf dem Substrat, niemals unter Rinde."


    - "P.incarnata: "Hymenophor glatt oder nur schwach warzig"


    - P.laeta: "Hymenium stark warzig bis raduloid (*)


    - Bei "P.laeta handelt es sich um den einzigen Vertreter der Gattung Peniophora, bei dem die Basidiocarpien (**) unter der Rinde des Wirts angelegt werden und diese schließlich mittels "Stemmleisten" aufreißen."[i]


    (*) raduloid wird hier im Sinne von zapfenförmig benutzt
    (**) Basidiocarp = Fruchtkörper


    Grüße
    Gerd


    PS.:
    - Habe die von dir erwähnten Fehler im Originalbeitrag durch Nachtragsänderung in blauer Schrift korrigiert.

    Ich mache nur Bestimmungsvorschläge ohne Freigabe für Speisezwecke!!!

    Einmal editiert, zuletzt von Gerd (†) ()

  • Hallo!


    Ist manchmal gar nicht so einfach, was im Buch festzuschreiben, ohne das jemand rummäkelt.
    Zum Beispiel würde ich auch da schon wieder intervenieren:

    Zitat


    - "P.incarnata: "Hymenophor glatt oder nur schwach warzig"


    Die Oberfläche bei P. incarnata (Fleischroter Zystidenrindenpilz) ist stark von der Beschaffenheit des Untergrundes abhängig. Auf unberindetem Holz, welches ja meist glatt ist, ist der Pilz meist ebenso glatt (Ausgangsbild Nr.6).
    Aber auf der Rinde wachsend, besonders, wenn diese sehr zerklüftet ist, wird es schwieriger. Wie übertrieben das sein kann, sieht man ja auf Ausgangsbild 1+2.
    Hoffe ja mal, dass die dazugehören zu den folgenden Bildern, denn so ist das schon beinahe übertrieben.
    Ich gebe zu, nur allein die Bilder 1+2, da hätte ich mir schwer getan mit P. incarnata. Gar so warzig habe ich die wahrscheinlich selbst noch nicht gesehen.


    Ist aber ein schönes Beispiel, dass mehrere Bilder aus verschiedenen Blickwinkeln/ zu verschiedenen Zeiten die Wahrheitsfindung immens erleichtern können.


    Ist Pilzbild 5 der gleiche Standort wie auf 1? Wenn ja, war es bei den ersten Bildern regnerisch?


    Interessant auf jeden Fall deine Bilder!


    VG Ingo W

    Pilz nur von oben ist wie Käfer nur von unten.

    Einmal editiert, zuletzt von Ingo W ()

  • Hallo Ingo, Hallo Gerd!


    Die ersten Aufnahmen vom Beitrag wurden bei feuchter Witterung gemacht.
    Im Nachtrag - Bilder - da war der Pilz sehr trocken (föhniger, trockener Wind), dadurch sind auch die Risse zu sehen.
    Der Pilz ist auf der Rinde gewachsen (Hartriegel), unter der Rinde war nur ein weißlicher Film zu sehen.
    Alle Aufnahmen sind vom gleichen Standort, Bild 1 und 5 sind der selbe Stupfen.
    Hab aktuelles Foto angehängt zum Vergleich.




    Finde es super, dieser Austausch von Überlegungen, Betrachtungen eines Pilzes. Herzlichen Dank. :)


    Liebe Grüsse
    Annamaria

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